Fragwürdiger Kommentar im Online-Magazin „wir-sind-tierarzt“ zum Schweinehaltungs-Rechtsgutachten von Greenpeace

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Am 3. Mai 2017 hat Greenpeace in einer Pressekonferenz ein Rechtsgutachten vorgestellt, laut dem die derzeit praktizierte Schweinemasthaltung verfassungswidrig ist. Frau Dr. Claudia Preuß-Ueberschär vom Verein „Tierärzte für verantwortbare Landwirtschaft e.V.“ (TfvL) erläuterte bei der live auf Facebook übertragenen Pressekonferenz das von Greenpeace gezeigte Bildmaterial.

Bei Bauernvertretern und Tierschutzverbänden stieß das Rechtsgutachten auf geteilte Meinungen, die von den Medien in unterschiedlicher Art und Weise aufgegriffen wurden. Im Online-Magazin „wir-sind-tierarzt“ veröffentlichte Chefredakteur Jörg Held zwei Artikel sowie einen Kommentar zu dem Thema. Letzterer bezieht sich allerdings weniger auf das Rechtsgutachten selbst, sondern kritisiert vielmehr den Umgang der Medien mit sogenannten Tierschutzskandalen.

Unklar bleibt, was eine solche Medienschelte in einem Tierärzte-Online-Magazin zu suchen hat, denn der Kommentar ist ganz eindeutig nicht an Tierärzte gerichtet, sondern an Journalisten („Wir Journalisten sollten aufpassen…“). Auch stellt sich die Frage, weshalb Herr Held ausgerechnet dieses Rechtsgutachten zum Anlass genommen hat, die Medien anzuprangern und zu ermahnen.

Auf Facebook kündigt Held den Artikel an mit den Worten: „Mein Lese-Tipp: Wie Greenpeace, Peta & Co den „Exklusivhunger“ von Journalisten geschickt bedienen und professionell auf der PR-Klaviatur spielen…. Da wird so einiges klar!“  Diese Wortwahl unterstellt subtil, dass Greenpeace, PETA & Co (wer immer das sein soll) durch das Spielen auf der PR-Klaviatur unlautere Dinge erreichen wollen.

Facebook-Eintrag

Selbstverständlich bleibt es einem Journalisten vorbehalten, durch einen Kommentar seine Meinung zu „Greenpeace, PETA & Co“ auszudrücken. Das sollte aber keinesfalls versteckt geschehen: Der Standpunkt sollte klar hervorgehen und begründet sein. Was genau eigentlich laut Held „klar wird“ bleibt in dem Kommentar jedoch unklar. Stattdessen ruft die bildhafte Wortwahl gezielt negative Assoziationen hervor.

Ein weiteres Detail ist der mehrfache Hinweis, dass die Rechtsanwältin Dr. Davina Bruhn früher für PETA gearbeitet hat, einschließlich eines Links zum Beweis dessen. Dies hinterlässt den Eindruck, als hätte Held durch seine Recherche eine zweifelhafte Vergangenheit aufgedeckt, was einer Diskreditierung gleich kommt. Journalistische Praxis wäre gewesen, einfach nur neutral darauf hinzuweisen, dass sich Bruhn in ihrem Tätigkeitsschwerpunkt auf Tierschutz spezialisiert hat.

Die Vermutung liegt nahe, dass durch solche Formulierungen bewusst eine Atmosphäre des Misstrauens aufgebaut und dadurch die Glaubwürdigkeit des Gutachtens unterlaufen werden soll. Deshalb hat der TfvL Herrn Held in einem Brief gebeten, klar zu stellen, welche Zielrichtung sein Kommentar überhaupt haben soll. Leider hat Herr Held darauf nicht reagiert.

Interessant ist übrigens, dass zwar Frau Preuß-Ueberschär einmal namentlich erwähnt wird, hingegen der Verein TfvL als veterinärmedizinische Vertretung auf der Pressekonferenz in keinem Artikel Helds vorkommt. Entweder hat der Redakteur dieses „Veterinär-Online-Magazins“ schlecht recherchiert oder den Verein mit Absicht verschwiegen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Berichterstattung zu dem Rechtsgutachten auf „wir-sind-tierarzt“ einige Fragen aufwirft. Während der Kommentar zwar NGOs für ihre Art der Öffentlichkeitsarbeit angreift und an die Moral der Medien bei der Berichterstattung appelliert, kommt die Tierärzteschaft völlig ungeschoren weg. Statt sich bei den NGOs und den Medien für ihre Unterstützung zu bedanken und Tierärzte einmal mehr an ihre Verantwortung zu erinnern, kritisiert der Redakteur die Art und Weise wie so genannte Skandalfotos der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Der eigentliche Skandal ist aber doch, dass in Deutschland – trotz angeblich gut kontrollierter Tierhaltungen durch Tierärztinnen und Tierärzte – überhaupt immer wieder derartige skandalöse Fotos entstehen können. Möglicherweise nimmt sich Herr Held dieses Skandals in seinem nächsten Kommentar an.